Castellinaldo d’Alba

Kapelle San Servasio

Ein antiker Kultort mit geheimnisvollen Wurzeln
Dank der friedvolle Stimmung des Hügels und seine Ausrichtung nach Süden ist es leicht sich vorzustellen, dass, in lange vergangenen Zeiten, dieser natürliche Altar genutzt wurde, um von hier aus über die Wälder und die unterhalb liegenden Ebenen zu wachen. Später wird an dieser Stelle die Kapelle errichtet und dem Heiligen Servasius geweiht, im 4. Jahrhundert Bischof von Tongres und berühmt weil er gegen die Anhänger der häretischen Arianer kämpfte. Sie hat diese ruhige und harmonische Atmosphäre bis heute bewahrt, ebenso wie zwei kostbare Freskenzyklen aus dem 16. Jahrhundert.

Cappella di San Servasio
Via San Salvario s.n. 12050 Castellinaldo d’Alba (CN)

GPS: 44.769379, 8.024306

DAS ROEROGEBIET ENTDECKEN

KAPELLE SAN SERVASIO

Ein alter Kultort mit geheimnisvollen Wurzeln birgt zwei interessante Freskenzyklen des 16. Jahrhunderts

Die Kapelle San Servasio steht isoliert auf einem “bric”, der Kuppe eines Hügels, und überragt von dort seit altersher die darunter verlaufenden Strassen. Über den Ursprung dieses Kultortes ist nichts bekannt.

Der Hügel auf dem die Kapelle erbaut wurde liegt Richtung Süden, isoliert von ihrer Umgebung und den bewohnten Gebieten von Castellinaldo. Obwohl die natürliche Ausrichtung des Hügels nach Süden geht wurde die Kirche nach Osten ausgerichtet, so dass Apsis und Altar Richtung Jerusalem zeigen, wie bei den meisten christlichen Kirchen.
Dieser scheinbare Widerspruch lässt sich erklären mit einer möglichen neuen Nutzung des Platzes:
Einst vermutlich eine natürliche Kultstätte in Richtung der Wälder, von sowohl religiöser als auch strategischer Bedeutung, wurde hier in späterer Zeit die dem Heiligen Bischof Servatius geweihte Kapelle errichtet.

Servatius von Tongern, der Heilige dem diese Kapelle geweiht ist, lebte im 4. Jahrhundert n.Chr. in der Nähe des heutigen Lüttich in Belgien und wurde bekannt für seine Auseinandersetzungen mit der häretischen Bewegung der Arianer. Besondere Verehrung erfuhr er unten den Franken, denen wahrscheinlich die Einführung seines Kultes in dieser Region zwischen dem 8. und 9. Jahrhundert zu verdanken ist: zu dieser Zeit gehörte die Region in der Tat zum franko-allemannischen Besitz.

Die Wandmalereien in der Kirche stammen aus dem 16. Jahrhundert als die Gemeinde, möglicherweise unterstützt vom lokalen Adel, den Innenraum mit den Darstellungen von Heiligenfiguren ausstatten liess. Im Jahr 1742 hatte die Kapelle noch keinen Glockenturm aber es gab bereits einen Portikus der als Behausung eines “Romita”, also eines Einsiedlers bezeichnet wird.

Die Kirche wurde in unterschiedlichen Epochen erbaut: die Apsis sowie Teile der Seiten gehen auf das Mittelalter zurück, während die Fassade im 16. Jahrhundert entstand. Der vorgelagerte Portikus mit zwei Räumen für den Eremiten wurde 1671 erbaut.

Das Innere ist ein gewölbter, einschiffiger Raum mit einer polygonalen Apsis mit 5/8tel Schluss und einem Gratgewölbe in der Apsiskalotte. Im Innenraum sind unterschiedliche Freskenmalereien zu finden die nach der Überschwemmung von 1998/99 restauriert wurden. Dargestellt sind vor allem Heilige denen Kultorte in der Umgebung geweiht sind, sowie einige sehr bekannte Schutzheilige. Die Auswahl wurde möglicherweise von den Wünschen der unterschiedlichen Auftraggeber beeinflusst: den lokalen Adelsfamilien (Malabaila und Damiano) und der Bevölkerung des Ortes.
Die beiden Zyklen unterscheiden sich sowohl zeitlich als auch stilistisch voneinander.

Die erste Gruppe von Fresken entstand in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts und zeigt auf den Wänden des Presbyteriums den Hl. Jakobus d. Ä., den Hl. Bischof Servatius, den Hl. Franziskus von Assisi, den Hl. Bovo und eine Madonna mit dem Kind, die erst bei der letzten Restaurierung entdeckt wurde.

In der Apsis befinden sich weitere Darstellungen, die auf das Jahr 1581 datiert sind. Zu sehen sind (von links) der Hl. Rochus, der Hl. Dalmatius Märtyrer mit Johannes den Täufer, Maria mit dem Kind flankiert vom Hl. Petrus und dem Hl. Servatius, die Johannes der Evangelist mit dem Hl. Sebastian sowie die Hl. Liberata.

Bei der Restaurierung wurden ältere Malereien in der Apsis, die sich unter den Malereien von 1581 befinden nicht freigelegt, sie gehen möglicherweise auf die Erbauungszeit dieses Gebäudeteils um 1399 zurück.

Der Zyklus des Presbiteriums (erste Hälfte des 16. Jahrhunderts)

Das erste Bild dieses Zyklus zeigt den Heiligen Jakobus den Älteren mit seinem Pilgerstab, Schutzpatron der Pilger und angerufen gegen Reuma und für gutes Wetter.

Auf dem nächsten Bild finden wir einen Heiligen Bischof, wahrscheinlich der Hl. Servatius dem die Kapelle geweiht ist, und neben im den Hl. Franziskus. Die Figuren stehen vor einem Vorhang der zwischen zwei gemalten Pilastern gespannt ist.

Auf der gegenüberliegenden Wand können wir den Heiligen Bovo zu Pferd bewundern. Der Heilige wird von einem Bauern verehrt der in der unteren linken Ecke auf seinem Karren sitzt. Dieser wird von zwei weissen Ochsen gezogen die mit besonderen Paramenten geschmückt sind, vielleicht einem alten Ritual entsprechend.

Auf der Wand daneben wurde bei der letzten Restaurierung eine thronende Madonna mit Kind entdeckt. Sie thront in einer gemalten Architektur die unter Anwendung der Zentralperspektive dargestellt wurde. Leider ist das Fresko in einem schlechten Erhaltungszustand, ebenso wie die Inschrift unterhalb des Thrones.

Der Zyklus in der Apsis (1581)

Der zweite Freskenzyklus befindet sich in der Apsis und hat eine gesicherte Datierung: die Jahreszahl 1581 steht auf einer Inschrift auf dem zweiten Bild von links.

Die erste Darstellung zeigt den Hl. Rochus vor einem sehr kargen Hintergrund. Am linken Bildrand steht eine Kirche mit Turm und rechts unten, zu Füssen des Heiligen, sehen wir einen weissen Hund: es ist der Hund, der nach der Legende jeden Tag von dem Adligen Gottardo zum sterbenden Rochus geschickt wurde um ihm Essen zu bringen und dessen Pestbeule zu lecken bis eines Tages der Heilige auf wundersame Weise geheilt war.

Auf dem nächsten Bild finden wir den Heiligen Dalmazzo Märtyrer, dem die Pfarrkirche von Castellinaldo geweiht ist, rechts von ihm steht Johannes dem Täufer. Neben dem Hl. Dalmazzo findet sich die Inschrift mit der Jahreszahl 1581 und einem kleines merkwürdiges Tier.

Im Zentrum der Apsis finden wir das bedeutendste Fresko: Die Madonna mit dem Kind und den Heligen Petrus (links) und Servatius (rechts). Den Hintergrund bildet ein dunkler Vorhang der von zwei kleinen Engeln gehalten wird.

Daneben finden sich Johannes der Evangelist und der Hl. Sebastian. Letzterer wurde, wie der Hl. Rochus, oft gegen die Pest angerufen wegen seines Martyriums, bei dem er von Pfeilen durchbohrt wurde deren Wunden an die Pestbeulen erinnern.
Den Abschluss bildet die bemerkenswerte Darstellung der Heiligen Liberata von Como mit zwei Kindern in den Armen. Sie war die Schutzheilige gegen die Gefahren bei der Geburt und gegen Kindersterblichkeit und ihre Darstellung war sehr beliebt in Norditalien im 16. Jahrhundert, vielleicht wegen der historischen Ereignisse eines sehr grausamen Jahrhunderts.

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